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Reisebericht durch den unbekannten Süden Libyens

Felsgravuren im Akakus-Nationalpark und Kameltrekking zu den Mandara-Seen 

Der deutsche Forschungsreisende Heinrich Barth (1821-1865) und der Flieger und Schriftsteller Antoine de Saint-Exupéry (1900-1944) beschrieben die Sahara als eine der faszinierendsten Landschaften unserer Erde. Auch heute noch ist das "Bahr bela ma", das "Meer ohne Wasser", eines der letzten Abenteuer, das sich den Fernreisenden anbietet. Algerien, als das klassische Saharareiseland, ist vom Terror durchzogen. Auch wenn der Süden mit dem Tassils-Gebirge nicht direkt betroffen ist, so sucht der Reisende z. Z. neue Ziele.

Die libysche Sahara zeigt sich als ein touristisch unverfälschtes Land und wird, nach den Einzelreisenden im Geländewagen mit GPS, nun auch verstärkt von Trecking- und Motorradtouristen als attraktives Reiseziel entdeckt.

Für viele Menschen ist der Begriff Wüste ein Synonym für Chaos, Zerfall und Langeweile. Doch wer einmal die Wüste mit ihrer Weite, Stille und ihren Farben erlebt hat, wird diese nie vergessen und kehrt sooft er kann zu ihr zurück.

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Die Reise beginnt in Ghadames, einer früheren Drehscheibe des Karawanenhandels. Die verlassene Altstadt steht als World Heritage Site unter dem Schutz der UNESCO und zeigt in eindrucksvoller Weise, wie die Bewohner hier früher in den Gassen und an den zentralen Kreuzungspunkten der Altstadt lebten. Nach einem Couscous-Essen starten wir unsere erste Off-Road-Etappe (ca. 700 km) nach Ghat. Für diese Strecke entlang der Algerischen-Grenze besteht Führerpflicht und so geht es dem Führungsfahrzeug folgend, immer Richtung Süden.

Ein Sprichwort sagt, Allah habe alles Überflüssige entfernt und die Wüste entstand. Diese erleben wir jetzt pur. Unser Konvoi aus fünf Geländewagen sucht sich seinen Weg über steinige Ebenen und durch ausgetrocknete Flüsse den Queds. Entlang vereinzelter Tamariskenbüsche fahren wir durch die endlosen Sandebenen. Diese Weite nimmt uns allmählich jegliche Einschätzung an Größe und Entfernung, kleine recht nahe Bodenerhebungen erscheinen uns wie mächtige Hügel in der Ferne. Am Ende des zweiten Tages erreichen wir die ersten großen, rötlich gefärbten Dünen des Idhan Awbari. Die Sanddünengebiete werden in der Sahara allgemein Erg, in Libyen jedoch Idhan genannt. Im Schutz der Sicheldüne wird das Camp errichtet und nach der Dämmerung sehen wir den Lichtschein der nahen algerischen Erdölfelder. Am nächsten Tag geht es dann durchs Dünengebiet, doch schon der erste Dünenkamm zeigt uns, dass hier Grenzen zu überwinden sind. Nun wird der Luftdruck gesenkt, um die Traktion der Reifen zu erhöhen und dann der erste Versuch. 4 Wagen bewältigen spielerisch die Düne. Doch ausgerechnet unser Fahrzeug setzt auf dem Grat auf. Nun heißt es im feinen rötlichen Sand graben, bis unser Wagen wieder freikommt.

Nach Querung des Dünengürtels geht es weiter durch die Steinwüsten, die durch den metallischen Glanz der Steine (dem sogenannten Wüstenlack) eine besondere Faszination auf uns ausüben. Wir fahren über die von der Sonne ausgebackene Schlammkruste, in den Senken der Queds. Die zersprungenen Schollen bilden ein beeindruckendes Mosaik als temporäres Zeitdokument, bis der Wind die Schollen wieder eingeebnet hat.

Beim abendlichen Spaziergang auf dem Dünenkamm leuchten diese im Licht der untergehenden Sonne in orangen, roten, ockergelben Tönen und die abendlichen Schatten verstärken der Eindruck von der unendlichen Weite.

click it biggerIn Ghat (gespr. Rhat) wechselt der Führer, denn im Akakus-Nationalpark ist eine besondere Ortskenntnis der Felsmalereien und Gravuren gefragt. Das Akakus-Gebirge ist die Fortsetzung des algerischen Tassils der Ajjer. Seine verwitterten Berge mit ihren zackigen Graten und schroffe Kanten bieten einen Kontrast zu den vorausgegangenen Tagen, so dass uns der Natursteinbogen Fozzigiaren in der Nähe unseres Lagerplatzes wie ein Wunder anmutet.

 

 

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Doch bekannt ist das Akakus-Gebirge für seine vielen Felsbilder und Gravuren aus der Jungsteinzeit. Diese zeugen von einer Zeit, bevor sich der Klimagürtel nach Süden verschob und die damals grüne Sahara mit ihren Wäldern und Savannen zur Steppe und Wüste wurde. Die 10.000 Jahren alten Darstellungen zeigen eine Tierwelt mit Elefanten, Giraffen, Gazellen, Straußen und all den Tieren, die man heute von Ostafrika kennt. Dann findet man Zeichnungen von Jagdszenen und der Rinderzeit. Mit der Versteppung der Landschaft vor ca. 2000 Jahren wurden dann die Kamele (Dromedare) zu den bestimmenden Motiven der Felszeichnungen.

 

Abends am Lagerfeuer, wenn der Tag beschlossen wird, der bittersüße grüne Tee auf der Glut kocht und mit einer Kunst von einem Gefäß in das andere gegossen (besser gesagt zelebriert) wird, erfahren wir einiges über das Volk der Tuaregs.

 

Nur der Mann, der Targui, trägt den Gesichtsschleier den Tugulmust. Wir erfahren, dass das Volk der Tuaregs über eine eigene Sprache Tamaschek genannt, sowie über eine eigene Schrift Tifinar verfügt. Das besondere dieser Schrift ist, dass die Schriftrichtung nicht festgelegt ist und so lernte ich meinen Namen von unten nach oben oder von rechts nach links in den Sand zu schreiben.

Doch im heutigen Libyen beherrschen nicht mehr viele Tuaregs diese Sprache. Die Tuaregs, die früheren Nomaden der Wüste, sind unter der Regierung von Oberst Gadhafi sesshaft geworden und der einstige Überlebensgarant, das Kamel, wurde gegen den Toyota getauscht.

 eigentlich gehören die Karawanen der Vergangenheit an, doch

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So ist es für alle eine Pioniertour, unser nächstes Ziel mit einem klassischen Kameltrecking zu erreichen. Denn wir wollen das Gebiet um die Mandara-Seen als eine der ersten organisierten Gruppen auf dem Rücken der Kamele erkunden.

Bei der Kleinstadt Germa, in der Nähe des Düneneinstiegs, erwarten uns sechs Tuaregs mit ihren vierzehn Kamelen, mit denen sie sonst als Hirten durch die Wüste ziehen. Wie für uns, so ist es auch für die Tuaregs eine neue Erfahrung, eine Touristengruppe durch das Dünengebiet zu führen, denn der Tourismus bestimmt hier noch nicht das Leben. Uns wird erklärt, wie man auf einem Tuareg-Sattel sitzt und schon geht es zum praktischen Teil über. Ich sitze auf, dann erhebt sich das Kamel mit einer solch abrupten Bewegung, dass nur eins hilft: sich voll in die Wolle des Kamelhöckers krallen und festhalten. Doch hoch auf dem Kamel, die Füße auf den muskulösen Hals gestützt, ist es ein Erlebnis durch die Dünenlandschaft zu ziehen. Der Passgang wiegt hin und her, doch es ist allzeit Vorsicht geboten, denn wenn sich das Kamel entschließt in die Knie zugehen, beginnen die abrupten Bewegungen beim Niedersinken erneut.

So ziehen wir durch die in der Mittagssonne gleißende Dünenlandschaft. Der Horizont bildet einen durch nichts unterbrochenen Kreis aus Sand und Luftspiegelungen. Von hier oben haben wir die Zeit und Muße, die durch wechselnden Winde geformten Muster im Sand zu betrachten. Dann am zweiten Tag, nach Überwindung eines kleinen Dünenkammes, liegt plötzlich und unvermutet der Mandara-See vor uns. Die Oase erscheint wie eine Fata Morgana. Der See ist umgeben von Dattelpalmen und Sicheldünen. Doch unser Tagesziel ist der 3 km weiter entfernte See Um el Ma, im deutschen Mutter des Wassers. Ein touristisches Highlight, eine blaugrüne langgestreckte Insel aus Wasser im Sandmeer, eine Oase mit See, die zurecht in keinem Saharabildband fehlt.

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Am Ende unserer Reise wird der letzte Wüstenabend mit einem speziellen Essen abgeschlossen. Eine Suppe mit Tagella, ein im heißen Sand gebackenes Fladenbrot aus Grießteig. Dann folgt der obligatorische grüne Tee und so klatschen wir zum Tamtam der Trommel (ein leerer Wasserkanister) und summen zum Gesang der Tuaregs.

Am folgenden Tag bringt uns ein Bus zum Flughafen von Sebha. Dort erwartet uns eine Propellermaschine einer Erdölgesellschaft, die uns zurück nach Tripolis fliegt. Die beiden Propellermotoren der "Twin Otter" dröhnen im monotonen Gleichklang und unter uns sehen wir die Landschaft der vergangenen Tage dahinziehen. In einer Flughöhe von 1800 m über der Wüste fühlen wir uns nun ein wenig wie Saint-Exupéry. Während des Fluges sind ein Teil meiner Gedanken immer noch bei den Spuren, die ich während dieser Reise im Sand gelassen habe und die nun vom stetigen Schirokko geglättet werden.

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