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Aus den Annalen des Kirchspiels Altenesch wird berichtet:

Am 17.Okt. 1827 kehrten die beiden Grönlandfahrer, die Brüder Johann und Dietrich Moritz von Tecklenburg/Altenesch, nach einer Abwesenheit von einem Jahre und 6 Monaten gesund und wohl wieder zu den Ihrigen zurück und erzählten von ihren Schicksal:

Im März der vorigen Jahres hatten die Brüder zu Harlingen (Holland) auf ein zum Walfischfangen nach der Straße Davids ausgerüsteten Schiff unter Commandeur “Hoenstra“ angeheuert. Ihr Schiff wurde an der östlichen Küste Grönlands vom Eise eingeschlossen und nachdem es 3 ½ Wochen in der Besetzung gelegen hat, ward es von einer Eisscholle so durchstoßen, dass es gleich voll Wasser lief und an keine Rettung derselben mehr zu denken war. Die ganze Schiffsmannschaft nahm nun ihre Zuflucht zu einem nicht ferne von ihn liegenden englischen Schiff „Dundee“, geführt von Capt. Duncan, ward auch 46 Mann stark, von demselben aufgenommen und bis zum 6. Okt. mit dem Nötigsten versehen.

Ihr Wunsch war nun, da der Engländer offenes Wassers hatte, und die freie See gewinnen konnte, er möge dieses tun. Alleine dieser wollte von dem verunglückten Schiffe noch bergen und sichern, was er davon bekommen könne, da das Oberteil des Schiffes noch ganz unbeschädigt war.
Daher mussten sie nun von demselben nun auf dem Eise herschleppen, Segel, Taue und andere Schiffsgeräte, zuletzt auch die großen Anker und starken Schiffstaue, die er insgesamt so als sein Eigentum ansah, dass er selbst nicht einmal bei ihrer Entfernung ihnen einen ihrer 6 kupfernen Kessel zugestehen wollte.

Nachdem sie alles herbeigeschafft hatten, ward er selbst vom Eise eingeschlossen, und sie sahen sich jetzt genötigt zu versuchen, ob sie über das Eis nach einer dänischen Kolonie im östlichen Grönland sich retten können. Dies Land konnten sie in der Entfernung von ungefähr 150 engl. Meilen an seinen hervorragenden Bergen sehen und hofften umso sicherer dahin zu kommen, weil sie von den Masten des engl. Schiffes in der Ferne gegen Grönland hin offenes Wasser zu sehen vermeinten.

Darum machten sie sich am 6. Okt. mit 46 Mann und drei Schaluppen auf dem Weg, da ihnen von den Engländern Brot und Brandwein auf 4 Tage mitgegeben ward , auch wurden sie am ersten Tage ihrer Wanderung von einem Teil der Mannschaft des engl. Schiffes unterstützt, der aber am Abend zum Schiffe zurückkehrte. Alle Anstrengungen ungeachtet konnten sie aber an diesen Tage nicht weit kommen, weil die unebenen Eisschollen dem Fortschaffen der Boote so viele Hindernisse in den Weg stellten, dass sie noch am anderen Tage noch das engl. Schiff und die auf denselben arbeitende Mannschaft sehen konnten. Nun setzten sie ihren Weg fort, fanden aber zu ihren Schrecken, dass jene Glätte, welche ihnen in der Ferne offenen See schien, 2 bis 3 Fuß dickes Eis sei, welches aber glücklicherweise für sie so glatt zugefroren war, dass sie auf demselben ihre Boote leicht fortschleppen konnten.
Doch dauerte diese Freude nicht lange, weil das Eis so dünn ward, dass bald der eine, bald der andere durchsank und nur durch taue wieder aufs Eis hinaufgezogen werden konnte, auch die Boote brachen manchmal durch und doch war das Eis zum Durchfahren und Rudern zu stark. Mit unglaublicher Anstrengungen arbeiteten sie nun 10 Tage lang, waren so erschöpft, dass sie 2 Boote hatten zurücklassen müssen und 1 Mann erfroren war. Mehrere Besuche von Eisbären hatten sie durch ihre Menge und mutiges Andringen und Geschrei von sich zurückgescheucht.

So ermattet kamen sie endlich ans feste Land, dass sie sich nicht im Stande befanden, mit sämtlichen Mannschaft das eine Boot völlig ans Land zu schleppen, ja zum Teil von den Grönländern in ihre Hütten getragen werden mussten.

Von diesen Grönländern, vor welchen als von Wilden ihnen gebangt hatte, wurden sie mit brüderlicher Liebe aufgenommen und die guten Leute teilten mit ihnen, was sie hatten.
Allein hier war ihres Bleibens nicht, weil hier nur 3 Hütten standen und es deshalb sowohl an dem Raum als an Lebensmitteln gebrach. Von den Engländern waren ihnen wohl Lebensmittel mitgegeben, allein diese waren so knapp zugemessen, dass für jeden Mann nur 3 Pfund Brot auf die Woche kam.
Fünf Mann, die zu sehr erschöpft waren, ließen sie am ersten Landungsplatz zurück und kamen dann unter vielen Gefahren zu Schiffen nach Narsoak. Hier ließen sie 13 Erschöpfte zurück und gingen nach Nymanak wo die Bootsmannschaft mit dem Commandeur bei den dortigen Dänen und Grönländer blieb und auch der dort wohnende dänische Kaufmann teilte ihnen gerne mit, was sie hatten, aber es konnte nur sehr wenig sein, da die hier wohnenden nur für sich Lebensmittel auf den Winter hatten, und daher mussten sie sich mit dem Seehundsfleisch bekannt machen , ja das blutige Wasser trinken, worin vorher das Fleisch abgewaschen war und aus Gefälligkeit für die gutmütigen Grönländer für eine Delikatesse erklären.

Langweilig und sehnsuchtsvoll verstrich ihnen der lange Winter, in welchen sie 3 Monate lang keine Sonne am Himmel sahen und priesen sich glücklich, wenn sie nur den Kaufmann beim Transport der Waren aus den entlegenen Dörfchen helfen und tätig sein konnten. In Nymanak fanden sie auch einen Prediger, aus Holstein gebürtig, einen braven Mann, mit dem sie deutschreden konnten, so wie auch in Jacobshausen, 100Meilen von dort wo der Prediger war. In den Hütten der Grönländer fanden sie es durch die Menge der Menschen, die Niedrigkeit des Bodens und die ungeheuer Öllampe, in welcher Moos die Stelle des Dochtes vertrat, warm genug.

Endlich nahte die Stunde der Erlösung!

Dänische Kauffahrer, welche Lebensmittel brachten, nahmen sie mit nach Kopenhagen, wo der holländische Konsul sich ihrer sogleich annahm, auch dafür sorgte, dass sie mit dem Dampfschiffe nach Kiel kamen, von dort nach Hamburg und von dort mit einem Ewer nach Delfzyl und sodann mit der Treckschuyte nach Harlingen gelangten. Hier empfingen sie ihr Reisegeld, mit welchen sie frohen Mutes und dankbaren Herzen wieder zu Ihren in Vaterland zurückkommen konnten.