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Revidierte Satzung
der
Berner Witwen- und Waisenkasse in Berne

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(Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit)


I. Allgemeine Bestimmungen

  §1 

Unter dem Namen "Berner Witwen- und Waisenkasse“ haben verschiedene Eingesessene des Stedingerlandes in Jahre 1837 eine Vorsorgungsanstalt zum Besten ihrer Witwen und nachgelassenen Kinder errichtet.

   §2   

Die Kasse hat ihren Sitz in Berne, ihr Geschäftsgebiet umfasst den Bezirk des vormaligen Amtes Berne.

   §3   

Alle Bekanntmachungen der Kasse erfolgen durch den „Stedinger Bote“.

   II. Mitgliedschaft

    §4   

Mitglieder der Kasse können werden: alle nicht über 50 Jahre alte Einwohner des vormaligen Amtes Berne –Mit alleiniger Ausnahme der Schiffer- sofern sie unbescholten sind, eine ordentliche, namentlich nüchterne Lebensweise führen und hinsichtlich ihren Gesundheitszustandes nichts entgegensteht. Solange die Mitgliederzahl unter 100 bleibt, können auch Einwohner benachbarter Oldenburger Ämter aufgenommen worden.

   §5   

Wer Mitglied der Kassen zu werden wünscht, hat auf Verlangen:

a) eine Bescheinigung des Gemeindevorstehers, dass er eine ordentliche, namentlich nüchterne Lebensweise führt, und einen unbescholtenen Ruf hat. 

b) Geburtsurkunden für sich und seine Ehefrau, 

c) eine ärztliche Gesundheitsbescheinigung beizubringen.

   §6   

Die Aufnahme neuer Mitglieder geschieht in der Jahresversammlung durch Abstimmung oder sogenannte Kugelwahl (Ballotierung). Einfache Stimmenmehrheit entscheidet.

  §7   

Solange die Zahl aller Mitglieder (§10) keine 100 beträgt, kann die Aufnahme einem Einwohner des vormaligen Amts Berne, der im übrigen dazu geeignet ist, nicht versagt werden.

  §8   

a) Ist die Aufnahme beschlossen so hat das neue Mitglied unverzüglich den gewöhnlichen Beitrag mit 33 M (§9) sowie ein Eintrittsgeld zu zahlen.   Letzteres wird nach den Alter bestimmt und beträgt:

für Personen von

20– 25  Jahren          M 19,-
25- 30  ײ ײ 29,-
30- 35 ײ ײ 49,-
35- 40 ײ ײ 73,- 
40- 45 ײ ײ 99,- 
45- 50 ײ ײ 132,-


b) Ist der Aufzunehmende mehr als 5 Jahre älter als seine Ehefrau, so muss derselbe wegen den Unterschiedes ein höheres Eintrittsgeld zahlen, und zwar:
1/8 mehr, wenn die Ehefrau zwischen 5 und 10 Jahre jünger ist als der Mann, 
1/4 mehr, wenn die Ehefrau, zwischen 10 und 15 Jahre jünger ist als der Mann,
1/2 mehr, wenn die Ehefrau zwischen 15 und 20 Jahre jünger ist als der Mann,
1/1 mehr, wenn die Ehefrau über 20 Jahre jünger ist als der Mann.

c) Will ein Witwer zum Besten seiner Kinder Mitglied der Kasse werden, dergestalt, dass die Kinder zusammen die Portion einer Witwe erhalten werden, bis dahin, dass das jüngste Kind 20.Jahre alt geworden ist, so hat er den Eintrittsgeld nach a zu zahlen.

d) Schreitet ein Mitglied, welches Witwer gewesen oder es während seiner Zugehörigkeit zur Kasse geworden ist, zur ferneren Ehe, so muss es wegen etwaigen jüngeren Alters seiner Ehefrau den unter b genannten Aufschlag zum Eintrittsgeld zahlen.

   § 9   

Jedes Mitglied der Kasse hat jährlich bis zum 04. Dezbr. für das folgende Jahr einen Beitragsgeld in Höhe von 33 M zu zahlen, jedoch ist das Mitglied, wenn es 25 Jahre hindurch sein Beitrag bezahlt hat, von der ferneren Beitragszahlung befreit.   Die Beiträge können ermäßigt werden, wenn die Portion einer Witwe (§25) 332 M übersteigt, jedoch nur insoweit, als durch die Ermäßigung die Portion einer Witwe nicht unter die Summe von 332 M herabsinkt.   Das Beitragsgeld kann wegen unverschuldeter Armut oder wegen eingetretener Unglücksfälle eines mehrjährigen Mitgliedes durch Beschluss der Mitgliederversammlung (§20) auf Ansuchen ganz oder teilweise für ein Jahr erlassen werden. Wiederholung ist nur zweimal zulässig.

   §10   

Ein Mitglied kann auch mit einem halben oder viertel Anteil der Kasse angehören, dergestalt, dass es in diesem Falle nur zur Hälfte oder zum Viertel stimmt, zahlt und gerechnet wird. Seine Witwe und Kinder nehmen demnächst natürlich auch nur zur Hälfte oder zu einem Viertel an den Gegenleistungen der Kasse teil. Erhöht ein solches Mitglied im Laufe der Jahre seinen Anteil so tritt die im §9 Absatz 1 vorgesehene Befreiung hinsichtlich diese erhöhten Satzes erst ein, wenn der erhöhte Satz 25 Jahre hindurch bezahlt ist.

   §11   

Das neue Mitglied erkennt die Satzungen der Kasse durch Unterschrift als für ihn bindend an und erhält dagegen einen Aufnahmeschein, Für diesen Aufnahmeschein und für ein Exemplar der gebundenen Statuten ist sofort eine Gebühr von 1 M 50 Pf zu zahlen. 

  §12   

Die Mitgliedschaft erlischt: a) durch freiwilligen Austritt aus der Kasse,   b) durch Ausschließung. Diese kann erfolgen, wenn ein Mitglied trotz Mahnung mit seinem jährlichen Beitrag in Rückstande bleibt.   Die Ausschließung erfolgt durch die Mitgliederversammlung. Von dem erfolgten Ausschuss ist der Ausgeschlossene schriftlich durch Einschreiben zu benachrichtigen.

   §13   

Sollte ein ausgeschiedenes oder ausgeschlossenes Mitglied der Kasse später wieder beitreten wollen, so kommen alle Vorschriften wegen Aufnahme neuer Mitglieder zur Anwendung.  

III. Verfassung und Geschäftsführung

  §14   

Organe der Kasse sind:

a)   die Vorsteher (zwei)
b)   die Vertrauensmänner - Gevollmächtigte - (vier)
c)   die Mitgliederversammlung.   

§15   

Die Vorsteher sind zu treuer und gewissenhafter Rechnungsführung und Aufbewahrung des Vermögens der Kasse sowie zur Wahrnehmung aller Geschäfte und Förderung des Interesses und Abwendung aller Nachteile verpflichtet. Allen durch Vernachlässigung ihrer Pflichten der Kasse entstehenden Schaden haben sie dieser zu ersetzen. Sie haften für die Erfüllung dieser Verpflichtung mit ihrem Vermögen.   Die Vorsteher vertreten die Kasse gerichtlich und außergerichtlich. Schriftliche Willenserklärungen müssen von beiden Vorstehern unterschrieben sein. Im Behinderungsfalle genügen die Unterschriften eines Vorstehers und eines Vertrauensmannes (Gevollmächtigten). Der erste Vorsteher ist Rechnungsführer und Leiter der Kasse. Der zweite Vorsteher verwahrt die Urkunden derselben.

   §16   

Die Vertrauensmänner (Gevollmächtigte) sind ebenfalls zur Förderung des Interesses und Abwendung aller Nachteile der Kasse verpflichtet.

   §17  

 Die Vorsteher, die Vertrauensmänner und die Rechnungsprüfer werden alle drei Jahre von der Generalversammlung der Mitglieder (§ 20) aus ihrer Mitte gewählt. Werden die alten Vorsteher und Vertrauensmänner (Gevollmächtigte) nach Ablauf ihrer dreijährigen Dienstzeit wiedergewählt, so können sie für die nächsten drei Jahre ablehnen, im übrigen findet eine Ablehnung der Wahl nicht statt. Sollte in Laufe des Jahres ein Vorsteher sterben oder zur Fortführung der Geschäfte nicht mehr imstande sein, so tritt bis zur Neuwahl der älteste Vortrauensmann (Gevollmächtigte) an seine Stelle.

   §18   

Die Vorsteher und Vertrauensmänner (Gevollmächtigte) sollen im früheren Amte Berne wohnen und Grundbesitzer sein. Mit Ausnahme den ersten Vorstehern verwalten sie ihr Amt unentgeltlich. Es werden ihnen nur die in Interesse der Kasse gemachten baren Auslagen erstattet. Der erste Vorsteher erhält für seine Mühe und Gefahr bei der Rechnungs- und Kassenführung ein Prozent der jährlichen Einnahme an Eintrittsgeldern, Beiträgen und Zinsen.

   §19   

Über sämtliche Einnahmen und Ausgaben hat der erste Vorsteher als Rechungsführer und Leiter der Kasse alljährlich vor dem 15. November Rechnung abzulegen. Zwei von der Mitgliederversammlung (§20) zu wählende Kassenmitglieder haben die Rechnung zu prüfen. Nach geschehener Prüfung ist diese sodann mit den Prüfungsverhandlungen im Hause des Rechnungsführers zur Einsicht aller Beteiligten 14 Tage auszulegen. Die Auslegung ist bekannt zu machen. Die Feststellung der Rechnung erfolgt durch die Mitgliederversammlung.

   §20   

Alle die Kasse betreffenden Angelegenheiten werden, soweit erforderlich und sie nicht der Dringlichkeit halber von den Vorstehern – eintretenden Falls unter Zuziehung der Vertrauensmänner - sofort zu erledigen sind, in der Mitgliederversammlung (Generalversammlung) beraten und nach Stimmenmehrheit beschlossen. In Falle der Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des ersten Vorstehers. Die Versammlung findet an 4. Dezember eines jeden Jahres in einem von den Vorstehern jedesmal zu bezeichnenden Wirtshause zu Berne statt. Mitglieder die in dieser Versammlung ohne Entschuldigung fehlen, werden mit 3 M gebrücht. Von den in der Versammlung nicht persönlich anwesenden Mitgliedern wird angenommen, dass sie dem Beschlusse der Mehrheit der Erschienenen zustimmen. Eine Abstimmung durch Bevollmächtigte ist nicht zulässig.

   §21   

Tag, Stunde und Lokal der Versammlung sind mindestens 14 Tage vor den Termin (4. Dezember) öffentlich bekannt zu geben.

   §22   

Die Beschlüsse der Mitgliederversammlung werden zu Protokoll des Amtes Elsfleth gefasst.  

IV. Vermögensverwaltung und Verteilung
der Aufkünfte, Verlust der Ansprüche.

  §23   

Die Beiträge, Eintrittsgelder, Aufnahmegebühr, Brüche und die Zinsen des Fonds werden nach Abzug der Verwaltungskosten der Kasse am 4. Dezember jeden Jahres unter die dann vorhandenen Witwen und Waisen der verstorbenen Mitglieder der Kasse verteilt. Der Tod eines Mitgliedes ist dem ersten Vorsteher der Kasse unter Vorlegung einer Sterbeurkunde anzuzeigen.

   §24   

Die Verteilung der alljährlichen Mittel geschieht nach folgenden Grundsätzen:   
a) Hat das verstorbene Mitglied eine Witwe hinterlassen, so erhält dieselbe bis an ihren Tod den an jedem 4. Dezember auf sie entfallenden Anteil und stirbt diese mit Hinterlassung eines oder mehrerer Kinder des verstorbenen Mitgliedes, welche noch nicht 20 Jahre alt sind, so treten diese Kinder bis zum Alter von 20 Jahren zusammen in den Anteil der Mutter. 

b) Hat das verstorbene Mitglied keine Witwe aber ein oder mehrere Kinder unter 20 Jahren hinterlassen, so erhalten diese Kinder bis dahin, dass das jüngste 20 Jahre alt ist , zusammen den Anteil, der auf eine Witwe entfallen sein würde.

c) Hat das verstorbene Mitglied ein oder mehrere Kinder unter 20 Jahren, aus erster Ehe und eine Witwe aus zweiter Ehe oder ein Kind oder mehrere Kinder unter 20 Jahren aus zweiter Ehe hinterlassen, so erhalten oder die Kinder aus erster Ehe die eine Hälfte und die Witwe bzw. das Kind oder die Kinder aus zweiter Ehe die andere Hälfte des Anteils.

d) Wenn nach a, b und c mehrere Kinder zusammen den Anteil einer Witwe erhalten, so sollen nur Kinder unter 20 Jahren daran Teil haben und die etwa vorhandenen über 20 Jahre alten Kinder erhalten davon nichts. – Das Alter der Kinder am 4. Dezember ist entscheidend.

e) Schreitet die Witwe eines verstorbenen Mitgliedes zur ferneren Ehe, so erlöschen ihre Ansprüche an die Kasse. Sind Kinder aus der Ehe mit dem verstorbenen Mitgliede unter 20 Jahren vorhanden, so treten diese zusammen an die Stelle der Mutter, sie erhalten deren Anteil an den jährlichen Aufkünften solange, bis das jüngste Kind sein 20. Lebensjahr vollendet hat.

f) Das jährlichen Witwengeld für Vollberechtigte soll 332 M nicht übersteigen. Das vorhandene Mehr fließt zum Fonds der Kasse.

g) Sind keine Empfangsberechtigten vorhanden, so werden die Aufkünfte zum Fonds gelegt.

   §25   

Ist ein Mitglied nach seinem Eintritt in die Kasse Schiffer geworden und auf einer in seinem Berufe gemachte Reise mit Hinterlassung einer Witwe oder von Kindern gestorben, so können diese seine Ansprüche an die Kasse machen.  

V. Auflösung

  §26   

Eine Auflösung der Kasse findet, soweit sie nicht wegen mangelnder Teilnahme von selbst erfolgt, statt, ,wenn 3/4 aller Mitglieder für die Auflösung stimmen. Im Falle der Auflösung fällt das Vermögen an die Großherzogliche Kommission für Verwaltung der Fonds und milden Stiftungen in Oldenburg, welche ersucht wird, die Aufkünfte dürftigen aus der Armenkassen nicht unterstützten Witwen im vormaligen Amte Berne zu gute kommen zu lassen..  

VI. Abänderung der Statuten

  §27   

Eine Abänderung dieser Satzung muss in einer unter der Leitung der Großherzoglichen Amtes Elsfleth abzuhaltenden Versammlung von wenigstens 3/4 aller Mitglieder der Kasse einstimmig beschlossen und vom Großherzoglichen Staatsministerium, Departement des Innern, Abteilung für Privatversicherung genehmigt werden.  

VII. Schlussbestimmung

  §28   

Mit der Genehmigung dieser Satzung treten die am 9. April 1837 beschlossenen und am 2. Dezember 1837 landesherrlich bestätigten Statuten außer Kraft.   Genehmigt durch Verfügung des Großherzoglichen Staatsministerium, Departement des Innern, vom 15. Februar 1904.

Amt Elsfleth, den 20 Februar 1904.   

gez. Huchting